Frau Dr. Sobczak ist  Fachärztin für Dermatologie im Haar-Kompetenzzentrum Freiburg, Kaiser-Joseph-Straße 262, 79098 Freiburg, Telefon 0761 3837400. Alle Informationen zu Ihr und Ihrer Praxis finden Sie hier.

Frau Dr. Sobczak, als Fachärztin für Hauterkrankungen haben Sie sich seit einigen Jahren auf Haartransplantation spezialisiert. Gibt es denn wirklich keine Alternativen zu einer Haartransplantation?

Frau Dr. Sobczak: In der Tat kann man Haarausfall auch mit Medikamenten verlangsamen oder stoppen. Es stehen dabei im Wesentlichen zwei Wirkstoffe zur Auswahl: Der eine ist Finasterid, ein verschreibungspflichtiges Medikament, das hauptsächlich bei einer gutartigen Prostatavergrößerung verordnet wird. Der andere ist Minoxidil, ein Mittel, das ursprünglich für schwer behandelbaren Bluthochdruck entwickelt wurde. Unter dem Namen Regaine® wird Minoxidil im Handel auch als Schaum für die Haare angeboten.

Beide Mittel können erblich bedingten Haarausfall bei Männern stoppen. Doch Wunder sind davon nicht zu erwarten. Wer keine Haare mehr hat, dem werden auch in der Regel keine mehr wachsen. Zumal Medikamente auch Nebenwirkungen haben. So kann Finasterid in seltenen Fällen den Verlust der Libido nach sich ziehen. Doch Männer, glaube ich, wollen sich nicht zwischen Haaren oder Sex entscheiden müssen, sondern sie wollen beides.

Außerdem: wenn die Wirkstoffe helfen sollen, müssen sie regelmäßig angewendet werden. Im Fall von Haarverlust heißt das, dass der Patient bereit sein muss, für den Rest seines Lebens Medikamente einzunehmen oder seine Kopfhaut mit Chemie zu behandeln. Preiswert ist das im Übrigen auf Dauer auch nicht, denn die Kosten muss jeder Patient selbst tragen.

Aber wie gesagt, für die meisten meiner Patienten kommen Medikamente ohnehin zu spät. Sie kommen bereits mit Geheimratsecken oder anderen kahlen Stellen auf dem Kopf in meine Praxis. Dann gibt es nur noch zwei Möglichkeiten: eine Perücke tragen oder sich für eine Haartransplantation entscheiden.

Frau Dr. Sobczak, bei einer Haartransplantation gibt es zwei unterschiedliche Methoden: Die FUE- und die FUT-Methode. Welche ist die bessere?

Frau Dr. Sobczak: Keine der beiden Methoden ist besser oder schlechter. Ich berate meine Patienten individuell und erst nach der Haarberatung kann ich einschätzen, welche Methode sich für den Patienten am besten eignet.

Zur FU-Technik: FU steht für Follicular Unit. Sie gilt heute sowohl als fortschrittlichste als auch als sicherste Methode, gegen die kahlen Stellen auf dem Kopf vorzugehen.

Die FUE-Methode und die FUT-Methode unterscheiden sich in der Entnahmetechnik. Bei der FUE-Methode werden einzelne Haarfollikel, bei der FUT-Methode Streifen mit Haaren entnommen.

Die FUT-Methode hat eine unübertroffene Anwachsrate von über 90 Prozent. Sie hinterlässt allerdings Narben –auch wenn diese ganz fein und kaum sichtbar sind.

Die FUE-Methode hat den Vorteil, dass die Narben nur sehr klein und punktuell sind, sodass der Patient seine Haare nach der Transplantation auch sehr kurz tragen kann, ohne dass Narben zu sehen sind. Ein weiterer Vorteil ist, dass man nach der FUE-Methode schneller wieder gesellschaftsfähig ist.

Eignet sich die Eigenhaartransplantation für jeden Patienten?

Frau Dr. Sobczak: Nur Menschen mit erblich bedingtem Haarausfall sind für die Eigenhaartransplantation geeignet. Ist der Haarausfall krankheitsbedingt, muss man die ursächliche Krankheit bekämpfen. Eine Haartransplantation kommt dann nicht in Frage. Eine genaue Analyse ist deshalb im Vorfeld sehr wichtig.

Und wenn ich selbst nicht mehr genug Haare habe, kann ich mir dann Haare von Verwandten oder Freunden transplantieren lassen?

Frau Dr. Sobczak: Nein, das ist nicht möglich. Der Körper würde die fremden Haare sofort wieder abstoßen.

Wie lange dauert eine Haartransplantation und wie lange muss der Patient in der Klinik bleiben?

Frau Dr. Sobczak: Die Dauer ist ganz individuell von der Ausgangssituation des Patienten und der gewählten Methode abhängig. Zwischen drei und acht Stunden dauert eine Haartransplantation in der Regel. Die FUT-Methode kann an einem Tag durchgeführt werden. Die FUE-Methode kann bei größeren Eingriffen auch schon mal zwei Behandlungstage erfordern.

Eine Haartransplantation erfolgt ambulant unter örtlicher Betäubung. Das heißt, dass der Patient am gleichen Tag wieder nach Hause gehen kann.

Gibt es etwas, was Patienten vor einer Haartransplantation beachten müssen?

Frau Dr. Sobczak: Das Haar kann wie immer gewaschen werden. Wichtig ist nur, dass die Patienten ab dem zehnten Tag vor dem Eingriff kein Aspirin oder andere blutverdünnende Mittel mehr einnehmen. Am Operationstag sollten die Patienten richtig frühstücken und viel Flüssigkeit zu sich nehmen. Das hält den Kreislauf während der Transplantation stabil.

Frau Dr. Sobczak, wie sieht es mit den Komplikationen bei einer Haartransplantation aus?

Frau Dr. Sobczak: Komplikationen bei einer Haartransplantation kommen sehr selten vor. Jeder Patient wird freilich vor der Behandlung umfassend von mir aufgeklärt. Aber sowohl die FUE- als auch die FUT-Methode sind sehr verträglich.

Bei der FUT-Methode kann es passieren, dass die Narbe ein bisschen breiter wird als erwartet. Aber dadurch, dass die Narbe ja von den Haaren verdeckt wird, stellt das kein ästhetisches Problem dar. Gelegentlich kann es auch zu einem Taubheitsgefühl im Empfänger- oder Spenderareal kommen, aber das vergeht innerhalb weniger Tage von selbst wieder.

Mal ehrlich: Sieht man die Narben anschließend wirklich nicht mehr?

Frau Dr. Sobczak: Bei der FUE-Methode muss ein Teil des Kopfes rasiert werden, daher kann es eine Weile dauern, bis die Haare wieder auf die übliche Länge nachgewachsen sind. Aber sichtbare Narben entstehen bei der FUE-Methode kaum. Es werden nur kleine punktuelle Einschnitte vorgenommen.

Auch bei der FUT-Methode ist die Narbenbildung minimal. Sie ist zwar etwas größer als bei der FUE-Methode, aber auch nur ein bis drei Millimeter breit, sodass man die Entnahmestelle schon nicht mehr sieht, sobald die Haare nur einen Zentimeter lang sind.

Fällt eine Haartransplantation auf?

Frau Dr. Sobczak: Mittlerweile sind die Methoden so ausgereift, dass eine Haartransplantation nicht mehr zu erkennen ist – selbst für den eigenen Friseur nicht. Bei der Transplantation wird explizit auf die natürliche Wuchsrichtung und die Haardichte geachtet.

Das komplette Ergebnis ist allerdings erst circa ein Jahr nach der Transplantation sichtbar. Im ersten Monat nach der Transplantation fallen rund 90 Prozent der transplantierten Haare wieder aus. Da die Haarwurzeln aber in der Kopfhaut bleiben, muss das den Patienten nicht beunruhigen. Nach rund drei bis 6 Monaten sieht man die neu nachwachsenden Haare.

Und wie schmerzhaft ist der Eingriff?

Frau Dr. Sobczak: Ich würde die Eigenhaartransplantation zu den schmerzarmen Behandlungen zählen. Die Patienten bekommen vor dem Eingriff ein leichtes Beruhigungsmittel. Die Stelle, an der Haare entnommen werden, wird ohnehin örtlich betäubt. Der Patient spürt lediglich ein Ziehen oder einen punktuellen Druck. Während des Eingriffs kann der Patient zur Entspannung Musik hören oder lesen.

Auf was ist direkt nach der Transplantation zu achten?

Frau Dr. Sobczak: Die FUE-Methode ist unproblematisch. Hier kann der Patient schon 3 bis 5 Tage nach dem Eingriff wieder ganz normal Sport treiben. Wenn die FUT-Methode angewendet wurde, sollte der Patient möglichst 10 bis 14 Tage auf starke körperliche Anstrengungen verzichten und eine Verschmutzung der Haare vermeiden.

Schwimmen und Fußball sind in den ersten zwei Wochen ebenso tabu wie Sauna und Solarium.

Wann werden nach der Haarverpflanzung die Fäden gezogen?

Frau Dr. Sobczak: Nur bei der FUT-Methode werden Fäden verwendet. Diese werden 10 bis 14 Tage nach der Transplantation gezogen. Das kann aber jeder Hautarzt tun.

Und wann kann der Patient wieder arbeiten gehen?

Frau Dr. Sobczak: Es empfiehlt sich, für den Eingriff 7 bis 14 Tage Urlaub zu nehmen. Dies sind jedoch nur kosmetische Erwägungen. Im Grunde ist der Patient bereits am nächsten Tag wieder arbeitsfähig.

Wann kann der Patient seine Haare wieder waschen?

Frau Dr. Sobczak: Der Patient bekommt von uns nach dem Eingriff eine Anleitung, wie und mit welchem Shampoo er sein Haar waschen soll und welche Lotionen er verwenden darf. Schon drei Tage nach der Behandlung kann er seine Haare wieder waschen.

Auf was muss der Patient im Umgang mit dem neuen Haar achten?

Frau Dr. Sobczak: Er kann alles mit dem Haar machen. Rund vier Wochen nach der Transplantation kann man sich die Haare färben, waschen, föhnen und stylen wie immer. Es ist ja ganz normales gesundes Haar – nur eben umverteilt.

Und können die verpflanzten Haare auch wieder ausfallen?

Frau Dr. Sobczak: Nein, wenn sie einmal angewachsen sind, fallen die verpflanzten Haare nicht mehr aus. Sie bleiben erhalten. Die anderen Haare hingegen können natürlich weiterhin ausfallen. Hier kann dann nach einer gewissen Zeit eine zweite Haartransplantation Abhilfe schaffen.

Wie viele Behandlungen sind möglich?

Frau Dr. Sobczak: Das ist ganz abhängig von der jeweiligen Haarsituation und den Patientenwünschen. Eine zweite Transplantation kann durchgeführt werden, wenn eine weitere Verdichtung der Haare erwünscht ist. Aber im Haarkranz sind die Haarfollikel nicht unbegrenzt verfügbar.

Frau Dr. Sobczak, sprechen wir über die Kosten: Wie teuer ist eine Haartransplantation?

Frau Dr. Sobczak: Auch hier kommt es ganz auf die individuelle Behandlung an. Je mehr Transplantate, desto teurer ist der Eingriff. Normalerweise kostet eine Haartransplantation zwischen 2.500 und 7.500 €. Wenn man diese Kosten für einen einmaligen Eingriff vergleicht mit den Ausgaben, die lebenslange Medikamente gegen Haarausfall verursachen oder die regelmäßige Erneuerung von Haarteilen, dann ist eine Haartransplantation vergleichsweise günstig.

Frau Sobczak, was denken Sie, wie sieht die Zukunft der Haartransplantation aus?

Frau Dr. Sobczak: Die Haartransplantation bleibt wissenschaftlich ein spannendes Forschungsfeld. Inzwischen ist es bereits gelungen, Haarfollikel zu entnehmen und sie biotechnologisch zu vermehren. Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin konnten mit nur 30 stecknadelgroßen Biopsien 10.000 Haarkeime herstellen. Bis diese Methode den Patienten angeboten werden kann, wird es aber wohl noch 10 bis 15 Jahre dauern. Und die Kosten werden dann auch deutlich höher sein als die einer derzeit üblichen Haartransplantation.