Sepsis – Medizinisches Glossar
Die akute Sepsis ist vielen umgangssprachlich nur als
Blutvergiftung bekannt. Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine Infektion,
bei der von einem infizierten Herd aus Bakterien, deren Abbauprodukte oder
Pilze in die Blutbahn gelangen. Kann der Organismus diese nicht mehr
bewältigen, dann kommt es zur sogenannten systemischen Entzündungsreaktion,
also einer Reaktion des gesamten Systems. Diese kann lebensbedrohlich werden. Was
viele nicht wissen: Die Sepsis gehört zu den häufigsten Todesursachen in
Deutschland, sie nimmt hier die dritte Stelle noch vor beispielsweise
Lungenkrebs, Darmkrebs oder AIDS ein. Fachverbände oder gemeinnützige Vereine
wie die Deutsche Sepsis-Hilfe setzen sich daher für eine deutlich bessere Aufklärung
und Sensibilisierung sowohl bei Betroffenen als auch bei Ärzten ein.
Je früher eine Sepsis erkannt wird, umso besser die
Aussichten auf Heilung. Nach wie vor beträgt die Sterberate in Deutschland über
35%: Von rund 154.000 Erkrankten pro Jahr versterben rund 56.000 an der Sepsis.
Ein Grund, wieso diese oft unterschätzt wird, liegt auch an der Art der
offiziellen Statistik: Als Todesursachen sind hier nur primäre Erkrankungen
aufgelistet. Die Sepsis aber tritt als Folge einer Komplikation beispielsweise
nach Erkrankungen, Eingriffen und anderem auf. Zudem sind sich selbst Experten
uneinig über eine exakte Definition. Es gibt aber selbstverständlich viele
Merkmale, die immer dazu gehören und die an dieser Stelle erklärt werden.
Wie es zur Sepsis kommt: Auslöser und Formen der Sepsis
Ganz allgemein spricht man von einer Sepsis, wenn das
Immunsystem die in den Kreislauf dringenden Erreger, also beispielsweise
Bakterien oder die von ihnen gebildeten Toxine (Giftstoffe), nicht mehr
bewältigen kann. Hierdurch kommt es zur gefährlichen systemischen
Entzündungsreaktion. Einer der häufigsten Auslöser für eine Sepsis ist übrigens
die Lungenentzündung, die wiederum durch unterschiedliche Erreger begründet
sein kann. Daneben können etliche weitere Infektionen zum Beispiel der Harnwege,
aber auch Verletzungen oder Folgen chirurgischer Eingriffe zu einer Sepsis
führen.
Unter normalen Umständen ist das Immunsystem in der Lage,
eindringende Erreger abzuwehren. Allerdings gibt es Faktoren, die dies
verhindern können: Immungeschwächte Personen, also beispielsweise chronisch
Kranke, Babys und Kleinkinder sowie Senioren, sind daher besonders gefährdet,
eine Sepsis zu entwickeln. Auch die Entfernung der Milz kann die Entstehung
einer Sepsis begünstigen. Eine Impfung gegen unter anderem Pneumokokken, einen
der häufigsten Auslöser einer Lungenentzündung, wird daher insbesondere
Risikogruppen als Prävention empfohlen. Umgekehrt können aber auch kerngesunde
Menschen eine Sepsis entwickeln. Bei typischen Symptomen (siehe unten) und/oder
entsprechender Vorgeschichte muss daher an diese gedacht werden. Das gilt auch
für Erkrankungen, die typischer Weise mit einer Sepsis verbunden sein können,
wie Lungenentzündungen, Harnwegsinfekte oder das Akute Abdomen.
Diagnose: Die Symptome einer Sepsis ernst nehmen
Eine Sepsis entsteht für gewöhnlich nicht aus heiterem
Himmel. In der Regel gibt es also bereits im Vorfeld eine bestehende Erkrankung,
Verletzung oder Entzündung oder eine bekannte Immunschwäche. Allerdings kann es
durchaus sein, dass diese anfangs überhaupt keine Beschwerden machen. Auch sind
die typischen Symptome einer Sepsis eher unspezifisch. Daher ist es wichtig,
auch einen Anfangsverdacht sehr ernst zu nehmen. Ärzte sollten eine genaue
Anamnese durchführen und etwaige Vorerkrankungen, Operationen und ähnliches
erfragen. Patienten wiederum sollten ihren Arzt ebenso auf ihren Verdacht
hinweisen. Eine Immunschwächung vergrößert das Risiko einer Sepsis deutlich.
Hellhörig werden sollten Betroffene und Arzt bei Symptomen
einer akuten Sepsis wie Fieber (mit einer Körpertemperatur von 38° Celsius
aufwärts) bzw. Untertemperatur (36° Celsius abwärts), Schüttelfrost und anderen
grippeähnlichen Symptomen, niedrigem Blutdruck bei gleichzeitig erhöhtem Puls,
Benommenheit bis hin zu Verwirrtheit, schnellerer Atmung und einer fahlen
Gesichtsfarbe. Treten diese Symptome gleichzeitig auf, ist dies ein Warnsignal
des Körpers und ein Fall für den Notarzt.
Die Differentialdiagnose unterscheidet dann vier Formen, die
jeweils verschiedene Kriterien erfüllen müssen. Einige überschneiden sich auch:
Das Systemische inflammatorische Response-Syndrom (SIRS) stellt streng genommen
noch keine Sepsis dar, wird aber der Krankheit zugeordnet. Hier müssen
mindestens zwei der typischen Reaktionen (siehe oben) vorhanden sein. Kann
zusätzlich eine entsprechende Infektion nachgewiesen werden, spricht man von
einer Sepsis. Weitere Steigerungsformen umfassen die schwere Sepsis, bei der es
bereits zu Organdysfunktionen kommt, sowie den septischen Schock. Zur Differentialdiagnostik
zählt sowohl die spezifische Bestimmung des auslösenden Erregers als auch die
Einordnung der hierauf erfolgten Entzündungsreaktion. Auf dieser Grundlage kann
dann eine passende Behandlung stattfinden.
Behandlung, Therapieaussichten und Folgen einer Sepsis
Eine Sepsis oder, soweit möglich, ihre Vorboten müssen so
schnell als möglich behandelt werden. Je früher, desto höher die Wahrscheinlichkeit
einer Heilung, vollständig oder zumindest teilweise. In der Praxis muss die
Therapie in aller Regel sofort begonnen werden. Dabei geht es sowohl um eine
Stabilisierung der oder des Betroffenen als auch um die Behebung des
Infektionsherds. Dieser kann allerdings nicht immer sofort lokalisiert werden.
Als Akutversorgung wird daher auch bereits auf Verdacht hin Antibiotika mit
breitem Wirkungsspektrum gegeben. Ist der Erreger identifiziert, wird auf
spezifisch wirksame Antibiotika umgestellt.
Sobald der Infektionsherd oder genauer Fokus gefunden ist,
kann dieser chirurgisch entfernt werden. Man spricht dann auch von einer
Sanierung. Infusionen (im Rahmen der Volumentherapie) und Beatmung werden zur
Stabilisierung des Kreislaufs durchgeführt.
Weitere Therapiemaßnahmen richten sich nach der
individuellen Diagnose. Sind Organe ausgefallen oder dysfunktional, so müssen
diese durch geeignete Maßnahmen ersetzt bzw. unterstützt werden. Darüber hinaus
kann zum Beispiel die Gabe von Cortisol angebracht sein.
Die Genesungsrate auf alle Formen der Sepsis bezogen beträgt
in Deutschland etwas über ein Drittel, also rund 37%. Auch dann sind jedoch
Spätfolgen möglich, sowohl körperlicher als auch psychischer Art. Typisch sind
eine Leistungsminderung allgemeiner Natur oder einzelner Organe, Angstzustände,
Panikattacken oder Depressionen. Auch deshalb weisen Interessenverbände darauf
hin, dass eine Sepsis nicht zu unterschätzen ist und bei Verdacht unbedingt in
Betracht gezogen werden muss.