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2020-11-27T14:46:42+01:00

Prostatakarzinom Heilungschancen und Alternativen

Grund und Ziel der Operation: Ziel der Brachytherapie ist es immer, den Tumor vollständig zu zerstören und damit eine dauerhafte Heilung zu erreichen, sowie gleichzeitig Nachbarorgane wie Rektum, Harnblase und Harnröhre zu schonen und damit eine Harninkontinenz und Impotenz zu vermeiden.

Prostatakarzinom Heilungschancen mit Seed-Implantation: Nach aktuellen Daten aus dem Seattle Prostate Institute liegt die 10-Jahres-Überlebensrate nach Seed-Implantation bei Patienten mit einem niedrigen Risiko bei 94 bis 98 Prozent und bei Patienten mit mittlerem Risiko bei 89 bis 97 Prozent. Wie die Ergebnisse einer Langzeitstudie des Westdeutschen Prostatazentrums * an etwa 1.000 Patienten demonstrieren, betrug die biochemische Rezidivfreiheitsrate nach einem Follow-up von 71 Monaten für Patienten mit niedrigem und mittlerem Risikoprofil 97 bzw. 94 Prozent. Die Ergebnisse bestätigen Langzeitstudien aus führenden europäischen und US-amerikanischen Instituten. Ein vergleichbares Ergebnis erzielten Potters und seine Mitarbeiter (Potters et al. 2004): Von insgesamt 733 Patienten weisen nach 7 Jahren 84 Prozent einen PSA von [lt] 0,5 ng/ml auf. Damit gilt die Seed-Implantation bei lokal begrenzten Tumoren als gleichwertig wirksames Verfahren zur Prostatektomie (Kupelian et al. 2004), ist jedoch für den Patienten wesentlich schonender.

Prostatakarzinom Heilungschancen mit HDR-Afterloadingtherapie: Wie zahlreiche Studien bestätigen, ist die Heilungsrate der Kombinationstherapie bei geringer Veränderung der Lebensqualität der operativen Entfernung der Prostata eindeutig überlegen. In einer aktuellen Studie an etwa 700 Patienten konnte gezeigt werden, dass eine kombinierte Strahlentherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom zu einer hervorragenden Heilungsrate führt und gleichzeitig nicht die Lebensqualität der Patienten beeinträchtigt. Hinzu kommen deutlich geringere Inkontinenz- ([lt] 1-3%) und Impotenzraten (20 – 40%) als nach der operativen Entfernung der Prostata. Ein weiterer Pluspunkt: Die Patienten sind in der Lage, berufliche und private Aktivitäten schon nach zwei Tagen wieder aufzunehmen. Bei der HDR-Brachytherapie handelt es sich um einen kleinen schonenden
Eingriff, der in der Regel kurzstationär durchgeführt wird und für den Patienten nur eine geringe Belastung darstellt.

Alternativen zur Brachytherapie: Ist das Prostatakarzinom nach allen Voruntersuchungen organbegrenzt, besteht auch die Möglichkeit einer operativen Entfernung der Prostata. Die Langzeitergebnisse der Operation sind in Frühstadien denen der Brachytherapie gleichwertig. Allerdings kann es nach der Operation zu ungewolltem Harnverlust kommen – der Schließmuskel muss mit Beckenbodenübungen für mehrere Wochen trainiert werden. Dauerhaft klagen 10 bis 35% aller Patienten nach einer Radikaloperation über Probleme beim Wasserhalten (Harninkontinenz) und müssen Vorlagen tragen.

Weitere unerwünschte Nebenwirkungen sind Störungen der Gliedversteifung (Impotenz). Man versucht dies durch Erhaltung der entsprechenden Nerven zu vermeiden. Die Potenzstörungen treten bei etwa 50-90% der Betroffenen auf. Nach einer Radikaloperation sollte der Patient mit 10 bis 14 Tagen Krankenhausaufenthalt und anschließender 3-wöchiger Anschlussheilbehandlung rechnen.

Bei einem sehr frühen Stadium des Prostatakarzinoms mit geringer Tumorlast und einem sehr günstigen, nicht aggressiven Prostatakarzinom, kann es ausreichend sein, den Tumor mittels PSA-Testung, Ultraschall, Tastuntersuchung und jährlicher Kontrollbiopsie engmaschig zu überwachen. Diese Methode bezeichnet man als aktive Überwachung (Active Surveillance). Sobald aber erste Anzeichen dafür sprechen, dass die Tumorerkrankung fortschreitet, werden entsprechende Therapiemaßnahmen getroffen.

Sowohl die HIFU (Hoch Intensiv Fokussierter Ultraschall) als auch die Kryotherapie sind experimentelle Verfahren, die noch in der Erprobung sind. Bei der HIFU wird das Prostatagewebe durch hochenergetische Ultraschallwellen, bei der Kryotherapie durch wiederholtes Einfrieren und Auftauen, zerstört. Insgesamt liegen bei beiden Methoden sehr wenige Publikationen und geringe Patientenzahlen vor. Während sich die längste Nachbeobachtungszeit bei der HIFU-Therapie über einen Zeitraum von nur 27 Monaten erstreckt, beläuft sich die Patientenzahl bei der Kryotherapie derzeit auf weniger als 100 Patienten pro Jahr (DGU-Leitlinien 2009). Die Datenlage lässt deshalb nicht zu, die Wirksamkeit und Sicherheit sowie die Heilungsraten der beiden Behandlungsmethoden zu beurteilen.

Entscheidung für die Operation Seed-Implantation: Nach den aktuellen Leitlinien der Fachgesellschaften für Urologie und Strahlentherapie wird die Seed-Implantation vor allem für Niedrig-Risiko Patienten mit einem PSA [lt] 10, einem Gleason-Score [lt] 7b und einem Tumorstadium von T1c oder T2a sowie einem Prostatavolumen von [lt] 50ml empfohlen. Nicht geeignet sind Patienten, die innerhalb der letzten sechs Monate eine Prostataausschälung haben durchführen
lassen.

In den USA wird die Seed-Implantation bereits seit mehr als 20 Jahren praktiziert und mit jährlich 80.000 Patienten häufiger eingesetzt als die operative Entfernung der Prostata. Auf Grund der guten Heilungsraten bei vergleichsweise geringfügigen Nebenwirkungen hat sich die Methode mittlerweile auch in Deutschland als anerkanntes Verfahren zur Behandlung von Prostatakrebs etabliert. Für das Frühstadium des Prostatakrebses gilt die Seed-Implantation als gleichwertig wirksames Verfahren zur Radikal-OP, ist aber für den Patienten wesentlich schonender. Nach den aktuellen Leitlinien (2009) der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) leiden Patienten nach Seed-Implantation deutlich seltener unter Beeinträchtigungen ihrer Potenz**. Auch die Harninkontinenz, die nach der radikalen Entfernung der Prostata bei bis zu 50 Prozent*** liegt, ist mit 0,3 bis 3 Prozent nach Seed-Implantation verschwindend gering und tritt eigentlich nur nach vorangegangener Prostataausschälung (TURP) auf. Immer mehr Experten fordern bei der Wahl der Therapie neben der Heilungsrate als wichtigstes Kriterium auch die Nebenwirkungen der Behandlung stärker als bisher zu berücksichtigen.

Entscheidung für die HDR-Afterloadingtherapie bzw. die Operation: Kandidaten für einen HDR-Boost in Kombination mit einer äußeren Bestrahlung sind Risikopatienten mit einem lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom ohne Fernmetastasen in Knochen und Lymphknoten (?T2b und/oder PSA ? 10 und/oder Gleason-Score?7). Bei Patienten mit einem geringen Risiko (T1b-T2a, PSA ? 10, Gleason-Score [lt] 7) wird die Technik derzeit im Rahmen von Studien untersucht.

Die wirksamste und sinnvollste Behandlung bei fortgeschrittenem oder aggressivem Prostatakrebs ist das HDR-Afterloading kombiniert mit einer äußeren Bestrahlung (siehe Kapitel Heilungschancen). Man spricht von einem fortgeschrittenen Prostatakarzinom, wenn der Tumor noch auf den Bereich der Prostata begrenzt ist, allerdings Risiken oder erste Anzeichen einer Durchdringung der Prostatakapsel erkennbar sind, ohne dass Lymphknoten- oder Knochenmetastasen vorhanden sind. Der Vorteil der HDR-Afterloadingtherapie gegenüber der alleinigen äußeren Bestrahlung besteht darin, dass durch die zielgenaue Bestrahlung der Prostata eine maximale Dosiseskalation bei gleichzeitiger Reduktion der Strahlendosis auf die umliegenden Risikoorgane, vor allem auf Enddarm und Harnblase, erreicht werden kann.

Literaturquellen:

  • * Neubauer S, Derakhshani P., Weise C., Spira G.: Interstitial
    low-dose-rate mono-brachytherapy with I125-relapse-free survival and dosimetric
    outcome for localised prostate cancer in a single european institution
  • ** Konsultationsfassung
    der S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom 2009, Deutsche Gesellschaft für Urologie
    (DGU)
  • *** Thompson I, Thrasher JB, Aus G, Burnett AL, Canby-Hagino ED, Cookson
    MS, D’Amico AV, Dmochowski RR, Eton DT, Forman JD, Goldenberg SL, Hernandez J,
    Higano CS, Kraus SR, Moul JW, Tangen CM, AUA Prostate Cancer Clinical Guideline
    Update Panel. Guideline
    for the management of clinically localized prostate cancer: 2007 update. J Urol 2007;177(6):2106-31.
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