Eine Vollnarkose belastet den Organismus des Menschen extrem. Besonders hoch ist das Risiko für Komplikationen bei Senioren. Die Medizin sucht deshalb nach schonenden Alternativen, darunter auch eine Hypnose des Patienten. In Frankreich und Belgien ist die Hypnose im OP-Saal bereits stark verbreitet. Auch in Deutschland zeigen sich Chirurgen angesichts der positiven Erfahrungswerte aus dem Ausland zunehmend aufgeschlossen gegenüber Operationen unter Hypnose.

Häufige Komplikationen durch Narkose

Berichten von Medizinern zufolge ereignen sich in etwa sieben tödliche Vorfälle pro einer Million Anwendungen von Narkose. Eine Studie offenbart zudem, dass die Folgen einer Vollnarkose noch Jahre nach der Anwendung zum Tod führen können. Bei Patienten, die älter als 65 Jahre sind, ist angeblich jeder zehnte Betroffene im darauffolgenden Jahr verstorben. Allerdings ist der Tod nicht das am häufigsten auftretende Problem. Ärztin Simone Gurlit vom Kompetenzzentrum Demenzsensibles Krankenhaus und Delirmanagement in Münster erklärt, dass hauptsächlich Gedächtnisstörungen nach einer Narkose auftreten.

„Wenn die Beweglichkeit mit einem neuen Gelenk wiederhergestellt ist, der Patient aber nicht mehr weiß, wo er wohnt und sich nicht mehr allein versorgen kann, dann muss man sich kritisch fragen: Ist das eine erfolgreiche Operation, ja oder nein?“

Ähnliche Komplikationen und Nebenwirkungen treten bei einer professionellen Hypnose wie einer Tiefenhypnose laut Gesundheitsdaten nahezu nie auf.

Hypnose minimiert Einsatz von Medikamenten

Wenn der Patient bei einer Operation nicht mit einer herkömmlichen Narkose, sondern mit einer Hypnose „betäubt“ wird, bleibt ihm der übliche Anblick der Atemmaschine erspart. Es kommt stattdessen vor dem medizinischen Eingriff zu einem Treffen mit dem Hypnotherapeut, mit dem der Patient bereits im Vorfeld mehrmals gesprochen hat.

Anschließend beginnt der Hypnotherapeut damit, das Bewusstsein des Patienten auf eine andere Ebene zu begleiten. Das Bewusstsein empfindet auf dieser Ebene keine Angst mehr. Eine kleine Dosis an herkömmlichen Schmerzmitteln und eine Lokalanästhesie sind laut der Anästhesistin und Hypnotherapeutin Dr. Aurore Marcou aber trotzdem nötig.

„Im Zustand der Hypnose legt das Gehirn die Empfindungen beiseite. Während einer chirurgischen Operation setzen wir alle Methoden ein, um die schmerzhaften Signale zu löschen. Mit der Hypnose ist immer eine sehr geringe Dosis an Schmerzmitteln verbunden und eine Lokalanästhesie, um die eigentliche Operationen möglich zu machen. Das heißt, dass die Patienten bei der Operation wach sind.“

Auch die Ärztin Aurore Marcou erklärt, dass eine Hypnose im OP-Saal primär die Angst nehmen soll. Laut Studien verursachen primär angstlösende Medikamente und starke Narkosemittel problematische Nebenwirkungen beim Herzen und bei der Gehirnfunktion. Die Hypnose kann den Einsatz von Medikamenten minimieren.

„Auf diese Weise erhält er eine minimale Dosis an Medikamenten, die es ihm wirklich erlaubt, sofort nach der Intervention zu essen, sofort zu gehen, aufzustehen, er hat keinen Schwindel und keine Übelkeit.“

Prinzipiell eignet sich die Kombination aus einer professionellen Hypnose und einer Lokalanästhesie für nahezu alle Operationen. In Belgien und Frankreich werden sowohl kleinere Operation, etwa die operative Behandlung eines eingewachsenen Zehennagels, als auch größere Operation regelmäßig unter Hypnose durchgeführt.

Hypnose ist zeitaufwendiger als eine Narkose

In Deutschland werden bisher nur wenige Operationen unter Hypnose durchgeführt. Laut dem Hypnotherapeut Olf Steuber ist dafür hauptsächlich der höhere Zeitaufwand der Methode verantwortlich.

„Eine Narkose kann der Anästhesist relativ leicht und geübt durchführen. Bei einer Hypnose hingegen ist sehr schlecht prognostizierbar, wo der Zeitrahmen liegt, bis eine Wirkung da ist.“

Dies bestätigt auch Professor Rolf Rossaint, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI), laut dem die intensive Vorbereitung und das Begleiten des Patienten dazu führen, dass eine Narkose nur selten durch eine Hypnose ersetzt wird. Zudem erleichtert laut Rossaint eine Narkose die Arbeit des Chirurgen, weil sie verhindert, dass sein Patient sich während der Operation bewegt.

„Eine Vollnarkose schafft also gute Bedingungen für die Chirurgen. Junge Menschen haben beste Voraussetzungen, die Vollnarkose unbeschadet zu überstehen, ältere Menschen hingegen nicht.“

Ärzte kritisch gegenüber Hypnose

Ein weiteres Problem, das den Einsatz von Hypnose bei Operationen in Deutschland einschränkt, ist die kritische Einstellung der Ärzte. Laut Rossaint setzt ein Großteil der Mediziner hierzulande deshalb trotz der Risiken noch immer auf das „Ausschalten“ des Patienten per Vollnarkose.

„Hypnose ist für die Narkose überhaupt nicht verbreitet. Es ist kein wissenschaftliches Arbeitsfeld in unserem Anästhesie-Kreis.“

Es wird somit deutlich, dass in Deutschland noch viel Aufklärungsarbeit nötig ist. Daten aus Frankreich und Belgien belegen, dass eine Hypnose in vielen Situationen im Vergleich zu einer Vollnarkose die deutlich bessere Wahl ist.