Die Apotheke, die Daten und welche Rolle das Pillentaxi spielt.

Dominik Riemer ist ausgebildeter Apotheker und war selbst Besitzer mehrerer Apotheken. Sein Pillentaxi und Überlegungen zur digitalen Zukunft bereiten neue Wege zum Kunden.

Gesundheit ist ein fragiles Gut. Viele Faktoren greifen ineinander und wie leicht diese Chemie des Zusammenspiels zu beeinflussen ist, weiß wohl keiner so genau wie eine erfahrene Apothekerin oder ein erfahrener Apotheker. Im Vergleich zu ihm ist das Internet mit seiner Fülle oft widersprüchlicher Tipps und Mutmaßungen ein schlechter Ratgeber, gespeist aus mitunter zweifelhaften Quellen. Und die Fülle der Daten wächst kontinuierlich an. Sich hiermit messen zu wollen, geht nur durch Konzentration und aus einer gewissen kritischen Distanz. Das gilt gleichermaßen für die Fülle des kolportierten Wissens in Netzwerken, das wie gesagt mitunter willkürlich durch Social Media und Foren schwappt, wie auch über die verschiedenen Instrumente, die mit dem Internet in Verbindung stehen, aus ihm Informationen beziehen und gleichzeitig Daten liefern.

Alles unter Kontrolle: Mit den Smartphones hielten Sensoren Einzug in unser tägliches Leben und begleiten uns auf Schritt und Tritt. Sie orten per GPS und Kompass, wo wir sind und in welche Richtung wir uns bewegen und berechnen die schnellste Route nach Hause oder sonst wohin, messen die Helligkeit und die Lage des Telefons und passen die Displaybeleuchtung und -ausrichtung entsprechend an, ja sie merken, wenn das Gerät ans Ohr gehalten wird und schalten dann den Bildschirm aus. Temperatur und Feuchtigkeit, Luftdruck und Beschleunigung, und die Naherkennung der Umgebungsgeräte per Wlan, Bluetooth und NFC. Zudem verfügt jedes Handy über Mikro und oft zwei Kameras, so dass sich auch die Umgebung in Bild und Ton gut aufnehmen und somit überwachen lässt. Doch damit ist nicht genug: Der moderne Mensch bindet sich mit Fitness-Armbändern, Smartwatches, und anderen Sensor-Gadgets immer stärker an seinen mobilen Begleiter.

Dominikp Riemer, studierter Pharmazeut und Unternehmer, bringt es auf den Punkt: „Im Hinblick auf den vernetzten Menschen richtet sich eine neue wichtige Frage an den Apotheker: In wie weit kann man sich auf die erfassten Daten verlassen und in wie fern muss man sich Kopfschmerzen über die Kontrolle durch vernetzte Geräte machen.“ Die Entwicklung gibt Riemer bei dieser Fragestellung Recht. Da wird der Herzschlag überwacht, kontrolliert wie ruhig oder unruhig man schläft und welche Sauerstoffkonzentration im Blut herrscht. Elektrische Zahnbürsten mit W-Lan Verbindung kontrollieren den Nutzer bei der regelmäßigen und ausreichenden Zahnpflege, Ohrhörer begleiten seine sportlichen Aktivitäten mit dem richtigen Rhythmus und messen auch gleich noch die Blut-Sauerstoff-Sättigung, Bluetooth-Socken lassen sich in der Temperatur steuern und zählen die Schritte.

„Viele der Informationen, die unsere Geräte zur Auswertung ins Internet übertragen, kann der Anwender in ihrer Tragweite gar nicht einschätzen“, kritisiert Dominik Riemer. „Die Körperdatensammler sind rasch gekauft und attraktiv im Einsatz, doch an die Konsequenzen denkt keiner. Spätestens wenn aus dem Träger der Gadgets ein Patient wird aber, erwacht das Interesse an den gespeicherten Informationen.“ Mag dieses Interesse medizinisch noch zweckdienlich sein, so ist es auf Seiten der Krankenversicherung eher wirtschaftlicher Natur, geben doch die gesammelten Daten Auskunft über die Risiken der Versicherten, nicht nur in Bezug auf die eigene Gesundheit, sondern auch auf das Verhältnis von Beitrag und Leistungsprognose. Hier wird dann der Mensch zum überwachten und kontrollierten Lebewesen, immer noch unter positivem Vorzeichen. Denn letztlich kommt jeder gerne in den Genuss gesenkter Beiträge und vergisst hierbei gerne, dass gleichzeitig auch die andere Waagschale gefüllt werden muss, um das Gleichgewicht zu halten.

Jeder Apotheker weiß einerseits, dass Ausgewogenheit die Basis der Gesundheitsvorsorge bildet, und wer heute zu sehr spart, kann morgen leicht zur Kasse gebeten werden. Jeder Apotheker weiß aber auch, welche Macht die Kassen haben, wenn es darum geht, Sparmaßnahmen durchzusetzen. Blauäugig anzunehmen, dass sie den Hebel, den sie ansetzen, wenn sie Einsparungspotentiale sehen, nicht ergreifen, wenn sie den Patienten mit seinen eigenen Daten unter Druck setzen können. Fatal, wenn er diese Informationen dann noch freiwillig, aus Spieltrieb oder aus falscher Sparsamkeit geliefert hat.

Das Feld der individuellen Daten ist groß und existentiell, wenn es um die Gesundheit geht. Und dieser Aspekt wird in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. Abzusehen, dass die richtige Dosierung bestimmter Medikamente stets aktuell auf Basis von Körperdaten berechnet wird, ähnlich wie es heute schon bei der Dosierung der Insulinbehandlung der Fall ist. Je früher sich Apothekerinnen und Apotheker mit diesen Aspekten und Zusammenhängen auseinandersetzen, um eher können sie sich auch an der Schnittstelle von Medikation, Kontrolle und innovativer Gesundheitstechnik als Partner des Kunden positionieren.

Aktuell lautet die große Frage: Was wird an Daten gesammelt, was ausgewertet. In dieser Hinsicht könnte die Apotheke Antworten geben, auf die sich der Kunde verlassen kann, da sie nicht von den Herstellern der Geräte und nicht von den Betreibern der Netze kommen. Diese Vertrauensposition ist eine große Chance. Letztlich können die Käufer von Fitnessarmbändern anderen Gesundheit- und Komfort-Gadgets und Handy-Apps, mit denen heutzutage viele Menschen ihre Körperfunktionen und sich selbst kontrollieren, die Gefahren und auch Chance meist nicht selbst einschätzen.

Riemer umreißt das akute Problem: „Die Auswertung der erfassten Daten findet zumeist über das Internet statt, und das schafft beim Einsatz der oft nützlichen Geräte große Unsicherheit. Die große Frage lautet, wo landen meine Daten und was sagen sie über mich und meine Zukunft aus. Mehr und mehr wächst das Bewusstsein, dass Fitness-Tracker nicht nur die Vitalfunktionen überwachen, sondern auch die Menschen, die sie nutzen. Und dass die Daten einst entscheidend werden könnten für Vorsorgeuntersuchungen, Behandlungen, Krankenkassentarife, Rentenversicherungen und die Gesamteinschätzung des Menschen. Die Angst, mit dem Smart Wearable einen Spion zu umarmen, hält sich die Waage zur Faszination, die eigene Gesundheit und Fitness monitoren zu können.“

Der Apotheker von morgen sollte sich also darauf vorbereiten, den Kunden von Kopf bis Fuß zu beraten. Dies ist eine einmalige Möglichkeit, sich von den stummen Online-Angeboten abzuheben. Gleichgültig, ob man sich für dieses oder andere spezielle Kompetenzthemen entscheidet, sie bieten die Chance, einer Apotheke und ihrem Service ein unverwechselbares Profil zu geben. Das aber braucht die Apotheke vor Ort: Sie muss als Marke wahrgenommen werden, die sich nicht einfach austauschen lässt.

Hierzu gehören aber nicht nur Zusatzangebote, mit denen sich die Apotheke profilieren kann, sondern auch die Information des Kunden über den Mehrwert, den ihm ein Besuch in der Apotheke bringen kann. Hierzu trägt eine Präsenz außerhalb der Wände des Ladenlokals bei, beispielsweise Wurfsendungen, Anzeigen in lokalen Medien und Aktivitäten mit sichtbarer Außenwirkung. „Hierzu gehört zweifelsfrei auch die rotweiße Pille der Pillentaxen“, freut sich Dominik Riemer über die sichtbare Akzeptanz seines Marketingkonzepts auf vier Rädern. Die Kombination von individueller Beratung und persönlicher Lieferung macht das Pillentaxi so einprägsam für die Kunden, die in den Genuss kommen, sein Erscheinungsbild aber wirkt weit über diesen Kreis hinaus. Das Auto auf der Straße, teil des täglichen Verkehrs, hat Substanz und ist dem Alltag der Kunden nahe. Er sieht, dass er nicht alleine gelassen wird im Internet, in dem er seine Antworten selbst zusammensuchen muss, sondern dass er auf seine direkten Ansprechpartner in der Apotheke zählen kann. Hier sind seine Käuferdaten sicher und wenn der interessierte Kunde zudem Antworten auf die Fragestellungen einer digitalen Zukunft erhält, beweist die Apotheke vor Ort, dass es ihr gelingt Werte des Vertrauens mit dem Wissen um neue Kommunikationsmittel und den Einsatz kundenfreundlicher Services wie dem Pillentaxi zu verbinden.

„Sich selbst mit den geeigneten Instrumenten überwachen, die Daten fundiert und sicher auswerten lassen, Rat und Hilfe ganz traditionell und sicher in der Apotheke holen und sich die benötigten Medikamente vom Pillentaxi nach Hause bringen lassen, so schließt sich der Kreis zwischen digitaler Welt und analoger Gesundheitsfürsorge,“ fasst Dominik Riemer das Themenfeld zusammen. „Im Endeffekt zählt die Nähe zum Kunden, genau dort wo er ist, ob nun in der Apotheke oder daheim.“ Dabei kann sich der weiße Fiat 500 mit der rotweißen Pillenkapsel, die beim Pillentaxi gut sichtbar über das Heck des Wagens hinausragt, als entscheidendes Bindeglied bewähren.