Die sogenannte radikale Prostatektomie (Entfernung der Prostata) kommt vor allem bei Patienten in Betracht, bei denen ein lokal begrenztes Prostatakarzinom ohne klinisch feststellbare Metastasen diagnostiziert wurde. Mittlerweile sind verschiedene operative Techniken entwickelt worden, die eine Schonung der Erektionsnerven ermöglichen und so einer erektilen Dysfunktion entgegenwirken.

Prostatektomie: Risiko für genitale Nervenenden

Bei der radikalen Prostatektomie (RPE) wird die Prostata vollständig entfernt – dabei besteht das Risiko einer folgenden Potenzstörung. Dabei dient der operative Eingriff vor allem einem kurativen Zweck. Das bedeutet, der Tumor soll komplett im Gesunden entfernt werden. Voraussetzung dafür ist, dass das zu entfernende Karzinom tumorfreie Schnittränder aufweist und sich noch keine bösartigen Zellen (sogenannte Mikrometastasen) gebildet haben. Das pathologische Stadium des Karzinoms lässt sich am sichersten durch eine entsprechende Untersuchung des entfernten Gewebes festzustellen.

Aber auch bei bereits fortgeschrittenem Prostatakrebs ist die RPE die primäre Behandlungsform. Vor dem Eingriff muss der Patient allerdings darüber aufgeklärt werden, dass es bei einem fortgeschrittenen Stadium zu einem Lymphknotenbefall kommen kann. In einem solchen Fall könnte eine Lymphadenektomie beziehungsweise eine Strahlentherapie indiziert sein. Die Gefahr einer fortschreitenden Erkrankung ist bei einem lokal begrenzten Tumor wesentlich geringer.

Bei dem Eingriff ist es wichtig, die Endnerven der Patienten zu schonen, um die Harnkontinenz und die Erektionsfähigkeit des Patienten zu erhalten. Bereits eine Dehnung kann in der Folge die Potenz beeinträchtigen. Dennoch ist eine operationsbedingte erektile Dysfunktion leider nicht immer vermeidbar.

Operativer Eingriff und Genitalanatomie

Vor der Operation erhält der Patient eine Vollnarkose. Es besteht aber auch die Alternative einer Rückenmarksnarkose. Die Prostata befindet sich unterhalb der Harnblase und oberhalb des Beckenbodens im sogenannten kleinen Becken. Bei der OP werden mittels Hautschnitt am Unterbauch zunächst Lymphknoten entnommen, die sich im Bereich der Prostata befinden. Diese werden sofort histologisch auf Krebsbefall untersucht. Dieser Vorgang wird Schnellschnittuntersuchung genannt.

Anschließend wird die Harnröhre zwischen Prostataspitze (Apex) und Beckenboden durchtrennt. Ist die Prostata freigelegt, werden die Samenleiter durchgeschnitten und die Samenblasen entfernt. Danach wird die Prostata vom Blasenhals entfernt. Zum Schluss wird die Harnröhre mit einem Dauerkatheter am Blasenhals vernäht , Wunddrainagen eingelegt und der Hautschnitt geschlossen. Die OP dauert in der Regel 2 bis 3 Stunden.

Neben der klassischen Prostataoperation werden mittlerweile auch andere vorwiegend minimal invasive Techniken angewendet. So werden bei der „Schlüssellochchirurgie “ mehrere kleine Schnitte (meist 5 bis 6) am Unterbauch durchgeführt, über die dann ein Endoskop sowie andere chirurgische Instrumente eingeführt werden können. Ebenso werden immer häufiger Laser bei Operationen verwendet, die eine zielgenauere Tumorentfernung ermöglichen und die Beschädigung umliegenden Gewebes reduzieren. Ein besonders interessantes Verfahren ist die sogenannte Da Vinci Operation, bei der die Entfernung des Tumors mit der Assistenz eines Spezialroboters durchgeführt wird.

Nervenschonende Operationstechniken zur Sicherung der Erektionsfähigkeit

Bei der Operation ist es besonders wichtig möglichst nervenschonend vorzugehen, um eine postoperative erektile Dysfunktion zu vermeiden. Dafür ist es notwendig bei dem Eingriff, die nahe an der Prostatakapsel verlaufenden Gefäß-Nerven-Bündel zu schonen, um eine spätere Erektionsstörung zu verhindern. Der Nervenstrang ist maßgeblich an der Gliedsteifigkeit und sexuellen Stimulation beteiligt, indem er Blutfluss im Penis reguliert.

Leider gestaltet sich ein Eingriff häufig als schwierig, da sich das Karzinom häufig entlang der Kapsel ausbreitet, sodass eine die Nervenenden schonende Operation nicht immer gewährleistet ist, sodass es trotz aller Vorsicht zu einer erektilen Dysfunktion kommen kann. Wenn das Tumorgewebe in die Nervenstränge streut, wird daher häufig versucht eines der Nervenbündel zu retten und das befallene Bündel komplett zu entfernen.

Die Brachytherapie gilt nach Studien als schonendste Technik, gefolgt von der externen Radiotherapie. Die klassische radikalen Prostatektomie birgt das größte Risiko.

Erektile Dysfunktion nach Prostatektomie

Bei fast allen Patienten verursacht die Prostatektomie eine erektile Dysfunktion. Es handelt sich um eine erektile Dysfunktion, wenn für einen längeren Zeitraum beim Geschlechtsverkehr keine ausreichende Erektion entsteht oder eine solche nicht aufrecht erhalten werden kann.

Nach einer Studie der Barmer GEK, die im Krankenhausreport 2012 veröffentlicht wurde, haben rund 70 Prozent der operierten Prostata-Patienten Erektionsprobleme, während etwa 53 Prozent über ein nachlassendes oder nicht mehr vorhandenes sexuelles Interesse klagen. Auch bei Erhalt der Nervenstränge kann sich diese Symptomatik zeigen, allerdings ist dieser Zustand in den meisten Fällen nur vorübergehend. Das gilt vor allem für Patienten, die bereits vor dem Eingriff potent waren und bei denen die beidseitigen, an der Prostata entlang verlaufenden Nervenbündel weitgehend geschont wurden.

Die Sensibilität des Penis selbst, also das Empfindungsvermögen, wird durch einen Eingriff nicht gestört. Auch die Intensivität des Orgasmus ist nicht beeinträchtigt, jedoch tritt dabei weniger Ejakulat aus. Durch das Durchtrennen der Samenleiter und Entfernen der Samenblase besteht fortan eine Zeugungsunfähigkeit.

Etwa 50 Prozent der Betroffenen führen nach der OP ein normales Sexualleben ohne Hilfsmittel. Hingegen benötigen rund 40 Prozent einen PDE-5 Hemmer wie Cialis oder Viagra. Eine Erektionsstörung gehört zu den üblichen postoperativen Risiken bei einer Prostatektomie. Durch moderne nervenschonende Operationstechniken kann eine erektile Dysfunktion in vielen Fällen jedoch verhindert werden.

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